Restrukturierungsprogramm soll Zukunft sichern
Am 14.05.2003 ging die Flughafen Düsseldorf GmbH mit folgender Meldung
an die Öffentlichkeit:
Düsseldorf International stärkt Wettbewerbsfähigkeit mit neuer
Unternehmensstrategie,
"Take-off" sichert Zukunft !
Was mit "Start" übersetzt so unverfänglich positiv klang, trieb den Flughafenbediensteten
damals die Zornesröte ins Gesicht.
Sofort war ihnen klar, dass damit nicht die Sicherung ihrer eigenen Zukunft gemeint war !
Knapp eine Woche später am 20.05.2003 kam der Flugverkehr, bedingt durch mehrere
Betriebsversammlungen, nahezu zum Erliegen.
Unter lautstarken Protesten der Belegschaft wurde die Flughafenleitung aufgefordert ihre
Umstrukturierungspläne umgehend zurückzunehmen.
Weitere Aktionen blieben jedoch aus, und nachdem sich die Empörung gelegt hatte, wurde es ruhig
um das Vorhaben.
Modell "Take-Off" wird durchgesetzt!
Heute, knapp ein Jahr später steht fest:
Die Flughafenbetreiber sind hart geblieben auf dem Weg zur Entsorgung ihrer ungeliebten
Mitarbeiter.
Für ca. 1000 Menschen von insgesamt 2400 Airport-Mitarbeitern beginnt deshalb in Kürze der berufliche
Abstieg in eine mehr oder weniger ungewisse Zukunft, der für manchen der Betroffenen
leicht in einer persönlichen Katastrophe enden kann.
Darüber darf auch nicht hinwegtäuschen, dass die Betriebsleitung ihrem rigorosen Sparkonzept nach
außen hin einen sozialen Tarnanstrich verpasste.
Nicht Abbau, sondern sozialverträglicher Umbau unter dem Maßstab eines wettbewerbsfähigen
Zuschnittes sei das Ziel dieser Maßnahme, so ließ sie damals verlauten.
Dieser Umbau soll nun gemäß der neuesten "Take-off"-Fassung ab dem
1. Mai 2004 wie folgt realisiert werden:
Wesentliche Schwerpunkte von "Take-Off"
-
1000 Mitarbeiter, die vorwiegend in den Bodenverkehrsdiensten eingesetzt sind, werden
zum
1. Mai 2004 in die Flughafen Düsseldorf Ground Handling Gesellschaft (FDGHG), eine
100-prozentige Tochtergesellschaft des Flughafens übergeben, die eigens zu diesem Zweck
gegründet wurde.
-
Die Mitarbeiter werden 2 Stunden pro Woche mehr arbeiten, dieses jedoch ohne Lohnausgleich.
Zudem sollen sie flexibler eingesetzt werden.
-
Stellen, die durch ausscheidende Mitarbeiter frei werden, werden hier nicht
neu besetzt!
Diese Personallücken schließt dann ein ebenfalls neu gegründetes Unternehmen, an welchem der
Flughafen lediglich noch eine Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent hält.
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Für die Flughafengesellschaft als Generalunternehmer wird künftig die Devise gelten:
"Managen
statt betreiben"!
Hierbei zeichnet die Gesellschaft weiterhin verantwortlich, mit der Ausführung werden jedoch zum
größten Teil Fremdfirmen beauftragt.
-
Durch Outsourcing werden Tätigkeiten komplett an Dritte übertragen.
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Bezüglich der verlängerten Arbeitszeiten handelt es sich um eine zusätzliche Vereinbarung, die in
der "Take-off"- Erstfassung allerdings noch nicht vorgesehen war.
Wir haben einmal nachgerechnet:
Bei einem fiktiven Stundenverrechnungssatz in Höhe von 15,- Euro und einer gesamten Mehrleistung
von 8000 Stunden pro Monat, ergibt sich zu Lasten der betroffenen Mitarbeiter und zu Gunsten der
Flughafenbetreiber ein eingesparter Betrag von etwa 120.000,- Euro oder 1,44 Mio Euro pro Jahr.
Das entspricht einer Einsparung von ca. 50 Arbeitsplätzen.
Gravierende Konsequenzen durch EU-Osterweiterung
Trotz erheblicher Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hat die Gewerkschaft diesem Konzept jetzt zugestimmt, im
Interesse der Arbeitsplatzsicherung, wie als Begründung angeführt wird.
Doch mit eben diesem Argument hat man den Beschäftigten vor geraumer Zeit schon einmal ihr Einverständnis zu einem
teilweisen Lohnverzicht aus dem Kreuz geleiert und wer nun hofft, etwa mit dem jetzigen Zugeständnis auch nur einen
einzigen Arbeitsplatz retten zu können, dürfte schon bald eines Besseren belehrt werden!
Es ist sicherlich kein Zufall, dass sowohl Take-off als auch die EU-Osterweiterung zeitgleich am 1. Mai 2004 in Kraft
treten.
So beinhaltet "Take-off" unserer Meinung nach eine insgesamt gut durchdachte Strategie, die eher die Absicht eines
möglichst raschen Zugriffs
auf die billigen Arbeitskräfte der östlichen Beitrittsländer erkennen lässt, als soziales Verantwortungsbewußtsein
gegenüber den in der hiesigen Region verfügbaren Arbeitskräften.
Welche beachtlichen Gewinnpotentiale durch die EU-Osterweiterung genutzt werden können, macht ein Vergleich der
Durchschnittslöhne deutlich:
Sind die Monatslöhne hier in Deutschland immerhin bei 2350,- bis 3600,- Euro anzusetzen, so betragen sie bspw. in
Polen, Ungarn und Tschechien lediglich um die 500,- Euro monatlich.
Die Mindestlöhne liegen oft sogar noch erheblich tiefer!
Ein Lohndumping riesigen Ausmaßes zeichnet sich ab, welches die hier angesiedelten Arbeitskräfte,
allen voran die Beschäftigten im sogenannten Niedriglohnsektor, nur allzu rasch aus ihren Jobs
verdrängen wird.
Arbeitsplatzvernichtung durch Outsourcing und Offshoring
Doch auch für die restlichen 1400 Mitarbeiter von Düsseldorf International wird die Luft in
Zukunft dünner, und es bleibt abzuwarten auf welchen Restbestand die Stammbelegschaft letztlich
eingeschrumpft wird.
Denn sogenanntes Outsourcing bietet die Möglichkeit, ganze Abteilungen bzw. Tätigkeitsbereiche
komplett und kostensparend an inländische Fremdfirmen auszulagern, oft sogar inclusive
Personal.
Wenn in einem weiteren Schritt diese Fremdfirmen ihrerseits - über sogennanntes Offshoring -
Leistungen an ausländische Tochterfirmen weiterleiten, sind diese Arbeitsplätze für den Standort
und die Region verloren.
In Amerika haben derartige Auslagerungen im Laufe der Zeit bereits zu einem erheblichen Verlust
von inländischen Arbeitsplätzen geführt wie das Beispiel IBM zeigt.
Was die Zuwanderung billiger Arbeitskräfte ab 1.Mai 2004 betrifft, so werden auch die
einschränkenden Maßnahmen innerhalb einer 7-jährigen Übergangsfrist (2+3+2 -Modell) relativ
wenig bewirken.
So können vom 1.Mai 2004 an beispielsweise in Polen ansässige Firmen in Deutschland eine
Niederlassung gründen und hier mit eigenen, nach den Richtlinien des Heimatlandes entlohnten
Mitarbeitern, beliebige Aufträge ausführen, preisgünstig und außer Konkurrenz.
Ausgenommen hiervon sind lediglich Bauunternehmen,
Raumausstatter und Gebäudereiniger für die Zeit der Übergangsfristen.
Das stellt, noch einmal am Beispiel Polens deutlich gemacht, bei einer dortigen Arbeitslosenquote
von 20 Prozent für manchen Arbeitsuchenden sicherlich eine recht erstrebenswerte
Zukunftsperspektive dar.
Ähnliches gilt für Arbeitnehmer aus den anderen Beitrittsländern.
In gleichem Maße sinken jedoch verständlicherweise die Chancen für die hier ansässigen Menschen,
zukünftig am Flughafen einen der freiwerdenden Arbeitsplätze zu bekommen, es sei denn, sie
arbeiten für die gleichen Dumpinglöhne wie ihre ausländischen Kollegen.
Doch selbst für eine einfache Existenz, geschweige denn die Ernährung einer Familie reicht diese
finanzielle Basis hierzulande dann nicht mehr aus.
Jobmaschine Flughafen entpuppt sich als Mogelpackung !
Als besonders unsozial und unangemessen erscheint die Handlungsweise der Flughafenbetreiber in
Anbetracht der Tatsache, dass diese insbesondere das Arbeitsplatzargument in der Vergangenheit
stets als Instrument gegen unliebsame Kritiker und Anwohner missbraucht haben, um den
Flughafenausbau und die Ausweitung des Luftverkehrs in diesem dichtbesiedelten Gebiet
voranzutreiben.
Denn der Flughafen sei eine wahre Jobmaschine, so hieß es!
Eine Mogelpackung gleicher Art stellt "Take-Off" dar:
Hier wird, - passend zum gewünschten und geplanten Stellenabbau - eine betriebswirtschaftliche Situation
dargestellt, welche den Eindruck vermitteln soll dass dem Flughafenmanagement überhaupt keine
andere Wahl des Handelns bleibt.
Als angebliche Gründe werden Strukturveränderungen bei den Fluggesellschaften sowie der
zunehmende Kostendruck durch die Billigflieger mit dem damit verbundenen Margenverfall
genannt.
Doch gerade dieser Low-Cost Bereich verspricht den Flughafenbetreibern für die Zukunft erheblichen
Gewinnzuwachs!
Diesen durchaus überzeugenden Eindruck vermittelte jedenfalls der Geschäftsführer des Düsseldorfer
Flughafens Dr. Rainer Schwarz erst kürzlich lt. einem
Artikel von "NRW-Tournews" vom 22. Januar
2004.
Darin heißt es wörtlich: Ein wichtiger Meilenstein sei die Erschließung des Wachstumsmarktes
Low-Cost zum laufenden Winterflugplan gewesen.
In Anbetracht der oben beschriebenen Zusammenhänge erscheint die Begründung der Flughafenbetreiber, das
Restrukturierungsmodell
"Take-off" sei eine vor allem notwendige Maßnahme um auf die Probleme der Luftfahrtbranche zu
reagieren, eher vorgeschoben und vermag nicht zu überzeugen, zumal die Gesellschaft schwarze
Zahlen schreibt.
Eine Arbeitsplatzvernichtung
diesen Ausmaßes aus reiner Gewinnsucht heraus, geht letztlich zu Lasten der Allgemeinheit und darf weder im Interesse
einzelner Menschen noch im
öffentlichen Interesse Zustimmung finden!
Ihr Arbeitskreis
"Leben in Lohausen"
Thematik wird fortgesetzt !
290304 / JG /